„Wohnen“ im modernen Sinn ist eine Errungenschaft der bürgerlichen Epoche; auf dem Land war das Haus vor allem Wirtschaftsraum und bot Mensch und Tier Schutz vor Wetter und Kälte.
Dennoch gab es noch vor hundert Jahren eine für die bäuerliche Welt typische Wohnkultur, die ihren Ausdruck in der Gestaltung von Möbeln und Gerätschaften fand.
Natürlich war der Besitz bestimmter Möbel auch Ausdruck für den sozialen Status – nur begüterte Bauern konnten ihren Töchtern sorgsam gefertigte Truhen, Schränke und Betten als Aussteuer mitgeben. Diese Möbel wurden dann von einem auf den Hof gerufenen Schreiner hergestellt und bunt bemalt.
Mit dem Wandel der Landwirtschaft ist dieser Teil der ländlichen Volkskultur verschwunden – die modernen Wohnhäuser der aus den Dorfkernen ausgesiedelten Höfe entsprechen dem allgemeinen Standard der Industriegesellschaft.
L 1/1
Die Fahrnis des Blasius Scherer aus Gerichtstetten
Für die Einschätzung zur Brandversicherung war auch der Wert der Fahrnis – der beweglichen Habe – von Bedeutung. Der Landwirt, Spezereihändler und Gemeinderat Blasius Scherer besaß danach in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts:
1. Gewöhnliche Möbel, Haus- und Küchengeräthe incl. Backgeräthe 350 M
2. Kleidungsstücke u. Wäsche 300 M
3. Betten 300 M
4. Spiegel, Porzellan, Glas u. 10 M
5. 1 Taschenuhr u. 1. Wanduhr 20 M
6. Viktualien zum Haushalt ohne Viehfutter incl. Mehl 300 M
7. Bilder, gedrukte Bücher 50 M
8. Frucht und Mehlsäcke 20 M
9. Spezereiwaaren, Peitschenstöcke u. 500 M
10. Kurzwaaren 20 MExponattexte
Gegenstände des täglichen Lebens
Einige der hier gezeigten Gegenstände aus dem Bereich des Wohnens – alle etwa zwischen 60 und 100 Jahre alt – gehören auch heute noch in die häusliche Umgebung, während andere – vor allem die Nachttöpfe – daraus verschwunden sind oder wie Bettflaschen, Uhren und der Schuhlöffel heute völlig andere Formen aufweisen.
Bis heute wird das Gebiet der Gemeinde Hardheim von der Landwirtschaft geprägt; 1987 wurden noch insgesamt 280 landwirtschaftliche Betriebe gezählt, und die landwirtschaftliche Nutzfläche ist annähernd genauso groß wie vor hundert Jahren.
Dennoch war die Gegend um Hardheim an der Grenze zwischen Hinterem Odenwald und Bauland nie ein besonders fruchtbares Gebiet; weder der Buntsandstein des Odenwalds noch der Muschelkalk im Süden und Osten von Hardheim bilden sonderlich gute Böden, und das Klima ist im Vergleich zu den bevorzugten Lagen der nahen Flußtäler an Neckar oder Main spürbar rauher.
Der süddeutsche Buntsandstein wurde von Flüssen aus dem Abtragungsgebiet – ungefähr südlich von Schwarzwald und Vogesen – auf einer flachen Aufschüttungsebene abgelagert. Die Ablagerungsbedingungen wechselten örtlich und zeitlich sehr häufig.
In einem trockengefallenen Bereich mit tonigen Sedimenten hinterließen zur Zeit des Oberen Buntsandsteins mindestens vier verschiedene Archosaurier bei Hardheim ihre Fährten, die nach der vollständigen Austrocknung des Tones durch die nächste Sandsteinschüttung ausgegossen wurden. Sie blieben als erhabene Ausfüllungen auf der Unterseite der Sandsteinbank erhalten.
Die Erzeuger der Fährten von Chirotherium sickleri und Chirotherium barthi waren sehr fortgeschrittene Rauisuchier, welche möglicherweise zu den Vorfahren der Raubdinosaurier gehören. Die meisten Einzelfährten des kleineren C. sickleri zeigen nur Eindrücke der Hinterfüße: Die Hände waren stark entlastet oder wurden gar nicht mehr auf den Boden aufgesetzt. Von C. barthi ist in Hardheim nur eine Fährte aus drei Hinterfußabdrücken überliefert, die auf schnelle Fortbewegung schließen läßt. Schnürender Gang belegt bei beiden Fährten voll erhobene Gliedmaßenstellung.
Der Erzeuger der Fährten von Isochirotherium felenci war am wahrscheinlichsten ein hochbeiniger Krokodilier. Ebenso wie die beiden anderen Raubsaurier machte er möglicherweise Jagd auf kleine Lepidosaurier, deren Fährten vom Typ Rhynchosauroides die ganze Fährtenfläche in Hardheim überziehen.
Im heutigen Hardheimer Ortsteil Erfeld wurden im Jahr 1842 alle Wohngebäude im Rahmen der Gebäudebrandversicherung erfaßt, ihr Wert geschätzt und ihr Alter ermittelt.
Bis zu diesem Zeitpunkt handelt es sich hier wie in anderen Dörfern fast ausschließlich um Fachwerkhäuser; erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts entstehen zunehmend Häuser ganz aus Stein oder Ziegelstein.
Ebenfalls bis ins 19. Jahrhundert hinein entstanden Gebäude nur innerhalb des Ortsetters – innerhalb der aus dem Mittelalter stammenden Abgrenzung des Dorfs hin zur Feldflur.
Spannt den Wagen an…
L 0/2Ortsplan von Erfeld; 1842
Aufgrund der Angaben aus dem Register der Gebäudebrandversicherung hat Robert Hensle den Plan des Dorfes Erfeld in der Mitte des vorigen Jahrhunderts rekonstruiert; zusammen mit den Angaben über den Wert der Häuser und der Steuersumme ihrer Besitzer ergibt sich ein detailreiches Bild der Sozialstruktur von Erfeld vor 150 Jahren.
Ursprünglich wurden in den Dörfern die einzelnen Häuser einfach durchnumeriert; erst in unserem Jahrhundert – teilweise erst nach dem Zweiten Weltkrieg – entstanden die heute gebräuchlichen Straßennamen und Hausnummern je Straße.
Im Märzen der Bauer…
Grundlage jeder Landwirtschaft war seit ihren Anfängen die Bearbeitung des Bodens: mit Pflug und Egge wird die Aussaat vorbereitet, mit Egge, Walze und Hacke für gute Wachstumsbedingungen von Getreide oder Feldfrüchten gesorgt.
Schon früh wurden beim Pflügen und Eggen Zugtiere eingesetzt, und seit 2000 Jahren ist der Räderpflug bekannt. Aber die Arbeit auf dem Feld war immer eine mühselige Plackerei.
Erst durch den Einsatz von Maschinen konnten immer größere Flächen in immer kürzerer Zeit bestellt werden.
In Hardheim wird seit langem vor allem Getreide angebaut – um die Jahrhundertwende waren Hafer und Dinkel von Bedeutung, heute steht auf der Hälfte der Getreidefläche Gerste. Und den Platz von Kartoffeln, Futter- oder Zuckerrüben nimmt inzwischen meist Silomais ein.
Exponattexte
L 2.1
Pflüge – Häufelpflug, Beetpflug, Wendepflug
Der Beetpflug ist die Urform des Pfluges; Pflugschar und Streichpflug stehen fest, so daß um eine Mittelfurche herum Beete gepflügt werden müssen.
Der Wendepflug kann dagegen am Ende einer Furche gedreht werden, so daß parallele Furchen nebeneinander gepflügt werden können.
L 2.2
Hacke, Reuthacke, Pflugschäufele
Eggen, Ackerwalze, Reihensaatmaschine
Schinker
Neben dem Pflug spielten noch andere Geräte eine Rolle bei der Bodenbearbeitung: Hacken und Eggen zur Auflockerung und die Ackerwalze zur Befestigung des Bodens; die Steine aus den oft steinigen Äckern wurden im Schinker gesammelt. Die Reihensaatmaschine steht dagegen am Beginn der Mechanisierung.
Auch im Bereich der Ernte ist heute die Mechanisierung weit fortgeschritten; beim Getreide übernimmt ein einziger Mähdrescher eine Vielzahl von Arbeitsschritten, die früher notwendig waren.
Zuerst mußte das Getreide gemäht werden – mit der Sichel oder mit der Sense. Dabei wurde die Arbeit immer wieder unterbrochen, um die Sense mit dem Wetzstein zu schärfen.
Helfer banden das gemähte Getreide zu Garben zusammen, die zum Trocknen aufgestellt wurden. Erst danach wurde das Getreide eingebracht und mußte noch gedroschen und gereinigt werden.
Wenn reichliche Körner
L 8.1
Mähmaschine
Dengelhammer, Dengelstuhl
Reff (Platze), Heurechen, Heugabel, Heurupfer, Löwenzahnrechen
Sichel, Grassichel, Heumesser, Garbenstrick, Wetzstein-Behälter (Schlotterfaß)
Ähnlich wie die Bodenbearbeitung war auch die Ernte vor Beginn der Mechanisierung der Landwirtschaft eine sehr mühsame Arbeit, die eine ganze Reihe von Geräten erforderte – Sense bzw. Platze zum Mähen, Sichel und Garbenstricke zum Binden der Garben, Rechen und Heugabeln bei der Heuernte.
Obgleich zur Versorgung mit Milch und Fleisch und als Zugtiere auch im Erfatal Kühe und Ochsen gehalten wurden, blieb ihre Zahl durch den Mangel an geeigneten Weideflächen doch gering.
Erst durch den Anbau von Grünfutter erlangte die Großviehhaltung Bedeutung, wobei seit dem 19. Jahrhundert die Rindermast weitaus wichtiger war als Zucht oder Milchproduktion. Noch heute liegt der Anteil der Milchkühe bei nur 30 % der gehaltenen Rinder.
Auf dem Schloßplatz in Hardheim wurde bis vor wenigen Jahrzehnten regelmäßig ein Viehmarkt zum Verkauf der gemästeten Rinder abgehalten.
Bullen, Kühe, Ochsen …
Neben Rindern wurden früher viele andere Tiere gehalten. So hatten reiche Bauern für die Feldarbeit vielleicht ein oder zwei Pferde, während die Armen oft nicht einmal eine Kuh besaßen und statt dessen Ziegen hielten.
Die Anzahl der Schweine war in der Regel doppelt so groß wie die der Rinder; die Schweine wurden jedoch eher für die Hausschlachtung als für den Verkauf großgezogen.
Daneben hatte im letzten Jahrhundert auch die Schäferei Bedeutung; in den heutigen Ortsteilen besaßen die Bauern je nach Steuerkapital das Recht, eine bestimmte Anzahl Schafe austreiben zu lassen.
Schließlich wurden die Dörfer und Höfe von oft freilaufendem Federvieh bevölkert – vor allem Gänse und Hühner dienten der Versorgung mit Fleisch und Eiern, aber auch mit Federn.
In kaum einem Bereich der Landwirtschaft sind die Veränderungen bis heute derart augenfällig: immer weniger Betriebe halten immer mehr Vieh. Dabei sind Spezialisierung und Automation weit fortgeschritten – in modernen Ställen werden Rinder, Schweine und Hühner mit einem Minimum an Arbeitsaufwand versorgt. Gleiches gilt auch für die Entsorgung, die durch die anfallenden Mengen von Fäkalien allerdings auch große Probleme aufwirft.
Exponattexte
L 3.1
Kartoffeldrücker, Wurzelmühle, Futter- und Strohschneidemaschine, Schrotmühle
Jauchepumpe
Die Viehhaltung erfordert gerade in Gebieten, in denen es so wenig Weideflächen gibt wie im Erfatal, eine Reihe von Geräten zur Futterherstellung – um Kartoffeln zu zerquetschen, Rüben zu mahlen, Getreide zu schroten.
Und die Jauchepumpe steht für das Problem jeder Form von Stallhaltung: Wohin mit dem ganzen Mist?
LV 9.4
Bullen-Halsband, Bullenhaltestab
Ein wichtiger Bereich der Viehwirtschaft war auch immer die Haltung von Farren (Zuchtbullen). Da dies als Gemeinschaftsaufgabe betrachtet wurde, waren die Bullen oft Gemeindeeigentum, und ihre Pflege wurde gegen Entgelt einem Farrenhalter übertragen. Mit Einführung der künstlichen Besamung wurde diese Gemeindeaufgabe überflüssig.
Nach der Ernte mit der Sichel oder der Sense mußte früher das Korn mit dem Dreschflegel aus den Ähren geschlagen werden. Danach wurde es von Spelzen, Spreu und Unkrautsamen gereinigt.
Schon vor hundert Jahren wurden für diese Arbeiten Maschinen entwickelt, die das Getreide droschen und reinigten – Dreschmaschinen.
Angetrieben wurden die Maschinen ursprünglich meist über Transmissionsriemen durch eine fahrbare Dampfmaschine, das Lokomobil. Später wurden als Antrieb Elektromotoren eingesetzt.
Seit den sechziger Jahren wird das Getreide von Mähdreschern in einem Arbeitsgang gemäht, gedroschen und gereinigt.
Hört ihr die Drescher?
L 5/1
Der Elektromotor
Der Beginn der weitreichenden Mechanisierung der Landwirtschaft wird durch die Erfindung des Elektromotors und der flächendeckenden Stromversorgung markiert.
Vorher war das Antreiben von Maschinen mühsam oder teuer: neben fahrbaren Dampfmaschinen mußte auf die Muskelkraft von Menschen und Zugtieren zurückgegriffen werden.
Erst der Elektromotor konnte in Kombination mit der Kraftübertragung durch Transmissionen als dezentraler und unabhängiger Antrieb für Maschinen aller Art genutzt werden.
L 5/2Die Hardheimer Windmühlenbauer Schell
Nach dem Dreschen wurde das Getreide ursprünglich im Freien in die Luft geworfen – der Wind trug Verunreinigungen wie Spelzen und Spreu davon, während die schweren Getreidekörner auf den Boden fielen.
Dasselbe Prinzip liegt einer der ersten mechanischen Maschinen im Bereich der Landwirtschaft zugrunde: der Kornfege, im Volksmund Windmühle genannt. In ihr werden die Verunreinigungen durch einen Luftstrom ausgeblasen; zusätzlich wird das Getreide durch Siebe von größeren Bestandteilen gereinigt.
Der Hardheimer Wagnermeister Josef August Schell spezialisierte sich Ende des 19. Jahrhunderts auf den Bau solcher Maschinen; seine Söhne August und Ludwig Schell setzten die Tradition fort, bis die „Windmühlen“ durch fahrbare Dreschmaschinen verdrängt wurden.
L 5/3Der Aspirateur
Ähnlich wie im einzelnen bäuerlichen Betrieb mußte auch im Getreidehandel und in getreideverarbeitenden Betrieben das Getreide gereinigt werden.
Mit zunehmender Industrialisierung wurden auch in diesem Bereich immer größere und leistungsfähigere Maschinen entwickelt und eingesetzt; die Hardheimer Firma Adolf und Julius Eirich – heute Adolf & Albrecht Eirich KG – spezialisierte sich auf diesen Bereich.
Sie entwickelte auch die Windputzmaschinen weiter – der „Aspirateur“ funktioniert nach demselben Prinzip. Die Maschine reinigt das Getreide in mehreren Stufen mit Hilfe eines Luftstromes und mehrerer grober und feiner Siebe.
Bis vor wenigen Jahrzehnten war Grünkern eines der wichtigsten landwirtschaftlichen Produkte des Baulands. Und nur hier wird Grünkern produziert.
Die „Erfindung“ des Grünkerns geht wohl auf die eigentlich feindlichen klimatischen Bedingungen der Region zurück: vor allem in schlechten Jahren konnte durch die Verarbeitung des noch grünen Getreides wenigstens ein Teil der Ernte gerettet werden.
Zur Herstellung von Grünkern wird das Getreide – Dinkel (oder Spelz) – etwa zwei bis drei Wochen vor der Reife geerntet. Mit Hilfe der Grünkernreffe werden die Ähren von den Halmen getrennt, danach auf die Darren gebracht und gedörrt.
Erst nach dem Dörren wird der Grünkern gedroschen und von den Hülsen befreit. Verwendet wurde der Grünkern vor allem als Suppeneinlage.
Früher war Hardheim eines der Zentren des Grünkernanbaus und der Grünkernproduktion, heute gibt es Grünkern hier nur noch in Gerichtstetten.
Grünkern
Exponattexte
LE 4.3
Bauplan für eine Grünkerndarre in Erfeld; 1890
Vor allem im 19. Jahrhundert entstanden in den Dörfern der Region zahllose Grünkerndarren; sie wurden wegen der Feuergefahr etwas abseits der Hofgebäude errichtet.
In den Darren befand sich über einem offenen Feuer ein mehrere Quadratmeter großes durchlöchertes Eisenblech, auf dem die Ähren geröstet wurden.
Mit dem rapiden Rückgang der Grünkernerzeugung verschwanden auch die Darren wieder aus dem Ortsbild.
Bis zum Anfang unseres Jahrhunderts wurde in Hardheim, Bretzingen und Schweinberg auch Wein angebaut.
Im Jahr 1808 waren immerhin 120 ha mit Reben bepflanzt, obwohl weder der Boden noch das Klima den Weinbau sonderlich begünstigten.
Vor etwa hundert Jahren wurden die Reben schließlich von der Blattfallkrankheit befallen, und bis zum Ersten Weltkrieg gab man den wenig lohnenden Weinbau im Erfatal weitgehend auf – 1914 standen in Hardheim von verbliebenen 10 Hektar nur noch 2 Hektar in Ertrag.
Zu Beginn der dreißiger Jahre wurden noch einmal einige Flächen mit Reben bepflanzt; aber von den damals knapp 20 Hektar Rebland ist bis heute neben wenigen Gegenständen nur die Erinnerung an den Erfataler Wein geblieben.
Exponattexte
LO 10.1
Weinberghacke
Von entscheidender Bedeutung für das Gelingen war auch im Weinbau die Bodenbearbeitung, die bis in die jüngste Zeit hinein mit der Hacke und dem Karst bewältigt werden mußte.
LO 10.3
Rebmesser (Hippe)
Das gebogene Rebmesser fand bei der Arbeit im Weinberg vielfältige Verwendung – vom Beschneiden des Rebstocks im Frühjahr bis zur Lese im Herbst -, so daß es häufig auf Wappen und anderen Darstellungen als Symbol für den Weinbau überhaupt erscheint.
LO 10.5Traubenmühle
Früher wurden die Trauen vor dem Pressen in besonderen Tretzubern von den Weingärtnern mit den Füßen zertreten. Mitte des letzten Jahrhunderts hielten dann Traubenmühlen Einzug, in denen die Trauben vor dem Pressen zerkleinert wurden.
LO 10.6Weinbergklapper
Zum Schutz gegen Vögel – v.a. Staren -, die im Herbst über die reifen Trauben herfallen, entwickelten die Weingärtner mit viel Phantasie immer neue Abwehrmethoden. Neben Vogelscheuchen erwiesen sich vor allem Weinbergschützen mit Rätschen und laut knallenden Pistolen als wirkungsvoll. Hier hat ein Weingärtner eine selbsttätige Klapper konstruiert, angetrieben durch ein Windrad.
Schon immer mußte in der Landwirtschaft viel transportiert werden – Saatgut, Mist und Jauche aufs Feld, die Ernte in den Hof zurück.
Schwierig war dabei, daß die Feldflur kaum durch Wege erschlossen war, und viele Äcker konnten nur durch Überfahren anderer Äcker erreicht werden – bis zu den Flurbereinigungen eine Quelle dauernder Streitigkeiten.
Das Zugvieh war von großer Bedeutung, und Heu- oder Ackerwägen wurden von Pferden-, Ochsen- oder Kuhgespannen gezogen – je nach Wohlstand des Bauern. Noch im Jahr 1961 gab es in Hardheim mehr Pferde als Traktoren: 347 Zugtiere standen 217 Schleppern gegenüber.
Spannt den Wagen an…
Exponattexte
L 11.1
Ackerwagen, Heuwagen
Handtrage
Schubkarren, Leiterwagen, kleiner Ackerwagen
Neben den bekannten großen Wägen, die von Kühen, Ochsen oder Pferden gezogen wurden, spielten in der Landwirtschaft noch weitere Transportmittel eine große Rolle: zum einen hatte nicht jeder Bauer Zugvieh, zum anderen wurden kleinere Lasten einfacher mit Schubkarren oder Leiterwagen transportiert.
Der Anbau von Obst war im Erfatal nur zur Selbstversorgung mit Most und Schnaps interessant; für Tafelobst waren Boden und Klima zu ungünstig.
Most war bis in unser Jahrhundert hinein das tägliche Getränk im bäuerlichen Haushalt, und Bäume mit charakteristischen Mostäpfeln oder Mostbirnen fanden sich überall in der Feldflur.
Daneben wurde Obst – Zwetschgen, Birnen, Äpfel – auch durch Dörren haltbar gemacht. Das Einkochen war erst seit Anfang unseres Jahrhunderts bekannt.
Bei einem Wirte wundermild…
Exponattexte
L 12.1
Obstpressen
Wagen mit Obstmühle und -presse
Der Beginn der Mechanisierung förderte auch den individuellen Erfindungsgeist: die auf ein Fahrgestell montierte Obstmühle – angetrieben durch einen Elektromotor – mit der nachgeschalteten Presse stellt im Grunde eine dezentral betriebene Mostkelter dar.
Zu Beginn des letzten Jahrhunderts konnte die Landwirtschaft auch im Erfatal die Menschen nicht mehr ausreichend ernähren; starkes Bevölkerungswachstum, niedrige Erträge, Kriege und Mißernten führten zu Hunger und Not.
Allein zwischen 1725 und 1806 hatte sich die Bevölkerung in Hardheim und den ehemaligen Ortsteilen verdoppelt, bis 1871 sogar fast verdreifacht. Wie überall konnte das althergebrachte System der Dreifelderwirtschaft damit nicht Schritt halten.
Die Kriege im Zeitalter der französischen Revolution und gegen Napoleon verschlechterten die Lage weiter – Durchzüge, Einquartierungen, Kontributionen forderten auch im Erfatal ihren Tribut.
Eine Reihe von Mißernten vergrößerte die Not – vor allem das Jahr 1816 ging als „Jahr ohne Sommer“ in die Annalen ein, eine Folge des Ausbruchs des indonesischen Vulkans Tambora im Jahr 1815; Aschepartikel in der Atmosphäre und eine 70 km hohe Schwefelsäule führten auch in Hardheim zu vollständigem Ausfall der Ernte und in der Folge zu Hunger vor allem unter den Armen.
Grundsätzliche Verbesserungen in der Landwirtschaft wurden im letzten Jahrhundert schließlich dadurch verhindert, daß sich die Bauern von ihren mittelalterlichen Abgaben und Diensten freikaufen mußten. Dies führte immer wieder zu finanziellen Notlagen und verhinderte gleichzeitig notwendige Investitionen: allein in Gerichtstetten kamen im Lauf des Jahres 1851 sieben Anwesen unter den Hammer.
L 7.1/3
Sommerfeld, Winterfeld, Brache
Seit dem Mittelalter waren die Gemarkungen der Dörfer zumeist in drei Teile (Fluren, Zelge) aufgeteilt, die im jährlichen Wechsel mit Winterfrucht und Sommerfrucht bebaut wurden bzw. zur Erholung des Bodens brach lagen – das Prinzip der Dreifelderwirtschaft.
Als Winterfrucht – ausgesät im Herbst – wurden hauptsächlich Dinkel und Roggen angebaut, als Sommerfrucht zumeist Hafer. Erbsen, Bohnen, Linsen und Wicken wuchsen mitunter ebenfalls im Sommerfeld.
Da immer ein ganzes Drittel des Landes brach lag, blieben die Erträge gering. Deshalb ging man in Folge des Bevölkerungswachstums im 18. Jahrhundert teilweise dazu über, auch das Brachfeld zu bebauen, meist mit den neu eingeführten Kartoffeln, aber auch mit Klee zur Stallfütterung des Viehs.
Durch die Nutzung der Brache konnte sich der Boden vielfach nicht mehr ausreichend regenerieren und die Ernteerträge sanken; erst die Einführung der künstlichen Düngung machte eine dauernde Nutzung der gesamten Feldflur möglich.
L 7.1/2Durch Wissen aus der Not?
Seit Beginn des letzten Jahrhunderts finden sich in Büchern und Zeitschriften immer häufiger Ratschläge, wie der Ertrag der Landwirtschaft vergrößert werden kann.
Hintergrund dieser Bemühungen bildet die Überzeugung, daß die akute Not in der Lebensmittelversorgung durch verbesserte Anbaumethoden und damit erreichte höhere Erträge überwunden werden könne.
Dies erforderte jedoch auch eine Überwindung der traditionellen Landwirtschaft durch eine nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ausgerichtete Landwirtschaft. Dieses Ziel verfolgten die vielen populär aufbereiteten Ratgeber, die den noch immer der Tradition verhafteten Bauern die neuen Methoden nahebringen wollten.
Letztlich wurde damit schon im letzten Jahrhundert der Boden für wissenschaftlich begründete und auf Höchsterträge zielende Anbaumethoden bereitet.
L 7.1/1
Tagebuch für den Feldhüter Konstandin Frei zu Erfeld; 1881
Noch im Jahr 1881 kommt die Armut der Menschen im Erfatal in der Häufigkeit von Anzeigen wegen Fruchtdiebstahls zum Ausdruck, die der damalige Feldhüter Frei in seinem Tagebuch festgehalten hat.
Eine Reihe von Mißernten – nach 1816 auch in den Jahren 1833 bis 1836, 1842, 1847 und in den Folgejahren – führte in weiten Teilen der Landbevölkerung zu zunehmender Verarmung.
Gerade nach der gescheiterten Revolution von 1848/49 – die in Hardheim ihren Ausdruck in der Erstürmung und Leerung des fürstlich-leiningischen Kornspeichers fand – blieb als Ausweg in den Augen vieler Menschen im Erfatal nur noch die Auswanderung nach Amerika.
So entschlossen sich in Schweinberg allein in den Jahren zwischen 1852 und 1862 etwa 40 Personen zu diesem Schritt – etwa 5 % der Bevölkerung.
Neben der Abwanderung – zunehmend in die industrialisierten Gebiete Badens – setzten auch der Abschluß der Lastenablösungen, die Entstehung des innerdeutschen Binnenmarktes für landwirtschaftliche Produkte, Verbesserungen der Erträge durch Einsatz von Düngemitteln und vor allem die Gründung ländlicher Genossenschaften und die damit verbundenen Möglichkeiten, Kapital für notwendige Investitionen zu erhalten, eine grundlegende Umstrukturierung des ländlichen Raumes in Gang.
Text XII.2b
Wie werden wir die Armen los?
Bürgerversammlung in Schweinberg, vor 140 Jahren, am 6. April 1842. Erregt wird darüber diskutiert, ob man denen denn auch noch Geld zahlen soll, den Armen aus dem Dorf, die der Gemeinde nun schon lange auf der Tasche liegen und den besser Gestellten ein Dorn im Auge sind.
Jetzt wollen die Taugenichtse auch noch eine Unterstützung, um nach Amerika auswandern zu können – wo es ihnen womöglich besser geht als hier, man hört ja so manches, viel billiges und gutes Land soll es geben, und weniger Menschen.
Die Gemeinderäte und der Bürgermeister bringen die Bürgervertreter schnell auf ihre Seite: Wenn wir den Armen nach Amerika verhelfen, dann sind wir sie los, heißt es.
Es wird über jeden Antrag einzeln abgestimmt, und es hat sich dadurch ergeben, daß von den Erschienenen Bürgerausschußmitglieder 21 dh. sämmtliche anwesende sich für die angetragene Unterstützung der genannten unvermögenden Auswanderer ausgesprochen haben.
Die Abwicklung der Auswanderung legt man in bewährte Hände – schon mehrfach hat ein Herr Jaeger aus Hundheim solche Gruppenauswanderungen organisiert: Er macht ein gutes Geschäft damit, Schiffspassagen auf dem (menschenunwürdigen) Unterdeck, (mageren) Proviant und die nötigsten Papiere für die Auswanderer zu besorgen. Bezahlt wird er von der Gemeinde.
Denn die ist froh, wenn sie ihre Armen los wird.
L 7.2/2
Beschluß des Großherzogl. Bezirksamts Walldürn v. 3. 5. 1852
GA Hardheim Schweinberg A 704
Großh. Bezirks Amt Walldürn den 3 Mai 1852.
die Bitte des Marianus Greulich von Schweinberg um Auswanderungserlaubniß btr.
das Bürgermeisteramt Schweinberg wird zur Eröffnung an den Petenten benachrichtigt, daß Großh. Kriegs Ministerium mittels Erlaß vom 3ten d. Mts Nº 14,142 denselben mit dem Bedenken entlassen hat, daß er den Rest der durch seine Entlaßung unterbrochene Dienstzeit nachzudienen habe, im Falle er aus Amerika rückkehren sollte.
Sobald die Abreise des Greulich erfolgt ist, hat das Bürgermeisteramt Bericht zu erstatten.
L 7.2/3
Vertrag zwischen der Gemeinde Schweinberg und dem Auswanderungs-Agenten C. Jaeger vom 14. 7. 1853
GA Hardheim Schweinberg A 704
Vertrag
Zwischen den Unterzeichneten Herrn Bevollmächtigten der Gemeinde Schweinberg einerseits, und dem Agenten C. Jaeger v. Hundheim anderseits ist heute nachstehender Vertrag abgeschloßen worden
§ 1.
Der Agent übernimmt die Beförderung von 3 erwachsenen Personen a fl. 66 – sage Sechszig sechs Gulden 1 Kind a fl 48 sage Vierzig acht Gulden
§ 2.
In diesen nachstehenden Preisen ist die Ueberfahrt von Mainz nach New-York die Lieferung des vollständigen Seeproviants, so wie die vollständige Verköstigung und Beherbergung von dem Augenblick der Abfahrt von Mainz inbegriffen.
§ 3.
Die Gemeinde versieht die fragl. Auswanderer mit den nöthigen Kleidungsstücken, so wie mit dem zur Abfahrt zur See nöthigen Bettwerk, Koch, Eß u. Trinkgeschirr
§ 4
Die Abfahrt von Mainz wird auf den 23 Juli l. J. festgesetzt und hat die Gemeinde die Auswanderer an dem von dem Agenten zu bezeichneten Tage nach Mainz zu liefern
§ 5
In den in § 1 angesetzten Preißen ist die Entrichtung des Spitals oder Kopfgeld in Amerika inbegriffen u. hat die Gemeinde hierfür keine besondere Vergütung zu leisten
§ 6
Die Gemeinde macht sich verbindlich dem Agenten sofort Zahlung zu leisten, wenn sie durch ein legalisirtes amtliches Verschiffungsattest nachgewiesen, daß die Leute ihre Abfahrt zur See angetreten haben.
§ 7
Das Gepäck der Auswanderer wird auf Kosten des Unternehmers, sowohl in Mainz als auch auf der Reise ein & ausgeladen.
§ 8
Von den durch den Agenten übernommenen Personen gedachter Auswanderer, können unter keiner Bedingung auf Kosten der Gemeinde zurückgewiesen werden, sondern hat auf Kosten der Unternehmer zu geschehen, wenn zufolge des Schifffahrtsgesetzes eine Person zurückgewiesen werden sollte da die Leute dem Agenten zur Inspizirung vorgeführt werden
§ 9.
Sobald die Auswanderer übernommen sind, kann unter keiner Bedingung irgend eine Nachforderung außer den angesetzten Personen Preißen der Gemeinde zur Laßt gelegt werden
§ 10.
Der Agent macht sich noch verbindlich das von der Gemeinde zu bestimmente Handgeld den Auswanderern in New-York in Gegenwart des Gr. bad. Consuls auszahlen zu laßen und Bescheinigung darüber beizubringen.
Vorstehender Vertrag wurde doppelt ausgefertigt, jedem Theil ein Exemplar zugestellt, so wie nach geschehener Verlesung von beiden Theilen genehmigt & unterschrieben
Schweinberg den 13 Juli 1853
der Agent
die Gemeindebevollmächtigten
C. Jaeger Horn Bürgster
Frz. Joseph Greulich Gemeinderath
Joseph Schall —-
Frz. Anton Horn —-
… und heute?
Es hat sich viel geändert in der Rolle der Landwirtschaft bis heute; die Zahlen sprechen für sich: Vor rund hundert Jahren – 1895 – lebte in Hardheim selbst noch knapp die Hälfte der Bevölkerung von der Landwirtschaft. Im Jahr 1987 waren es gerade noch 1,6 %.
Ebenfalls 1895 bildete die Landwirtschaft in den heutigen Ortsteilen Bretzingen, Dornberg, Erfeld, Gerichtstetten, Rütschdorf, Schweinberg und Vollmersdorf jeweils für 4/5 der Bewohner die Lebensgrundlage; 1987 lagen die Zahlen mit Ausnahme von Dornberg und Rütschdorf weit unter 10 %.
Dieser Wandel wurde ermöglicht durch die Mechanisierung der Arbeiten auf dem Bauernhof: heute produziert ein Bauer mit Hilfe modernster Technik weit mehr als 250 Bauern vor hundert Jahren.
Dadurch wurden in großem Maße Arbeitskräfte freigesetzt, die in der Industrie und in der zweiten Phase des Strukturwandels im Dienstleistungsbereich unterkommen konnten. Aber damit verbunden ist auch eine bis heute anhaltende Abwanderung aus der Region.
Schließlich wirft die intensiv betriebene Landwirtschaft zunehmend Probleme in ökologischer Hinsicht auf.
L 7.3/1
Großputz auf dem Acker
Eine der entscheidenden Voraussetzungen für eine intensiv betriebene Landwirtschaft waren Flurbereinigungen zur Neueinteilung der Feldflur und zur Beseitigung der durch das Erbrecht verursachten starken Parzellierung.
Schon Ende des letzten Jahrhunderts hatten einige Gemeinden des Erfatals damit begonnen, Flurbereinigungen durchzuführen – so Bretzingen im Jahr 1888 und Hardheim 1876; allerdings wurde in Hardheim das Verfahren nach heftigem Widerstand der Beteiligten abgebrochen, und die Flur blieb bis heute unbereinigt.
Inzwischen ist in allen anderen Ortsteilen eine Flurbereinigung durchgeführt worden, wobei in den letzten Jahren auch zunehmend ökologische Gesichtspunkte berücksichtigt wurden.
Die Imkerei besitzt in Mitteleuropa eine lange Tradition: bis ins späte Mittelalter war Honig das einzige verfügbare Süßungsmittel. Spätestens seit Einführung des Zuckerrübenanbaus ist die Bienenhaltung zwar kaum noch von wirtschaftlicher Bedeutung, wird aber auch im Erfatal bis heute noch betrieben.
Dabei hat sich die Tätigkeit des Imkers kaum verändert; lediglich die traditionellen Bienenkörbe wurden im Laufe der Zeit durch leichter zu bewirtschaftende Kästen ersetzt, und für das Trennen von Wachs und Honig gibt es heute moderne Honigschleudern.
Die Bedeutung der Bienenhaltung liegt inzwischen weniger in der Produktion von Wachs und Honig als in der ökologischen Funktion der Bienenvölker, die bedroht ist von bienengefährlichen Pflanzenschutzmitteln und der abnehmenden Artenvielfalt.
Der Imker und sein Volk
L 13/1
Bienenstaat, Bienensprache
Neben ihrer wirtschaftlichen Nutzung durch den Imker faszinieren Bienen immer wieder durch ihre sozialen Fähigkeiten, die sie eine Ausnahmestellung im Tierreich einnehmen lassen.
Zum einen sticht hier der Aufbau des Bienenstaats ins Auge, in dem etwa 10.000 bis 60.000 Arbeitsbienen Waben bauen, die Brut verpflegen, Nektar und Pollen sammeln und im Stock Luftfeuchtigkeit und Temperatur regeln. Die Königin legt nach ihrer Befruchtung durch die männlichen Drohnen täglich etwa 1.200 Eier, während die Drohnen aus dem Staat vertrieben werden.
Der arbeitsteilige Aufbau des Bienenstaats erfordert neben entsprechendem Sozialverhalten vor allem eine Art Sprache. Bienen verständigen sich dabei durch Duftstoffe und bestimmte Bewegungsabläufe – die Bienentänze.
Einer dieser Tänze ist besonders interessant: durch den Schwänzeltanz teilt eine zurückkehrende Arbeitsbiene ihren Kolleginnen nicht nur mit, in welcher Richtung und Entfernung sie eine Nahrungsquelle gefunden hat, sondern zudem noch, welcher Art diese Nahrungsquelle ist.
Das ganze Jahr über ist ein Imker mit der Pflege seiner Bienenvölker beschäftigt: im Frühjahr muß er genügend Raum zur Brutbildung – also zum Ausbau neuer Waben – zur Verfügung stellen und in Notzeiten das Volk mit Zuckerlösung versorgen.
Im Mai kommt die Schwarmzeit: Teile von Völkern spalten sich ab und schwärmen aus. Früher versuchten die Imker die Schwärme zum Sitzen zu bewegen, indem sie mit Sensen, Gießkannen oder Gewehren Lärm machten. Danach konnte der Schwarm gefaßt und in einen neuen Korb oder Stock gesetzt werden.
Im Sommer produzieren die Bienen überschüssige Honigvorräte, die im Herbst vom Imker entfernt werden; das Überwintern der Völker wird durch die Ernährung mit Winterfutter (Zuckerlösung) und den Schutz der Stöcke vor der Witterung erleichtert.
Exponattexte
LO 13.13
Honigschleuder
Erst Mitte des letzten Jahrhunderts wurde die Honigschleuder erfunden: die aufrecht stehenden Waben werden in der Schleuder eingehängt und der Honig durch die Zentrifugalkraft aus den Waben geschleudert.
Vorher mußten die Waben entweder zerstampft und der Honig durch Auspressen gewonnen werden, oder die Waben wurden erhitzt.
LE 13.16„Odenwälder Stülper“
Der Bienenkorb – hier ein „Odenwälder Stülper“ – ist die traditionelle Form der Bienenwohnung, die jedoch schon im letzten Jahrhundert durch Stöcke mit beweglicher Einrichtung ersetzt worden ist.
LE 13.17Bauteile eines modernen Bienenstocks
Bienenstöcke unterscheiden sich von den herkömmlichen Bienenkörben zum einen durch die beweglichen Bauteile; dadurch können die Honigwaben ohne Mühe „geerntet“ werden. Zum anderen wird der Kasten durch ein Gitter in einen Brut- und einen Honigraum geteilt: das Gitter hindert die Königin, den Brutraum im unteren Bereich des Stocks zu verlassen.
Der Winter war früher der Waldarbeit vorbehalten, auch im Erfatal. Immerhin ein Drittel der heutigen Hardheimer Gemarkung ist von Wald bedeckt. Er befindet sich zu knapp 60 % im Besitz der Gemeinde.
Der Wald war im Erfatal schon immer ein bedeutender Wirtschaftsfaktor: Die Bürger erhielten aus den Gemeindewäldern Bürgergaben an Holz und Reisigwellen, teilweise wurde im Wald Einstreu für die Viehställe gesammelt. Das Holz wurde aber auch verkauft, und der Erlös floß in die Kassen der Gemeinden.
Schon im 19. Jahrhundert wurden Waldnutzung, Einschlag und Aufforstung im Erfatal zentral vom Bezirksforstamt Hardheim aus geplant und seit etwa 1860 die Gemeindewälder allmählich auf Hochwaldbetrieb mit überwiegend Fichten- und Forlenbeständen umgestellt. So nehmen heute Fichten, Tannen und Douglasien zusammen 36 % der Fläche im Gemeindewald ein, Buchen 21 %, Kiefern 17 % und Eichen 14 %.
Neben dem Gemeindewald ist heute nur noch der Privatwald des Hofguts Breitenau von Bedeutung.
Der Wald steht schwarz …
Diese Zeile aus einem bekannten Volkslied erhält in unserer Zeit vielleicht eine neue Deutung: der Wald auch im Erfatal befindet sich in besorgniserregendem Zustand. Ein großer Teil der Bäume ist krank.
Immer weiter zunehmende Schadstoffemissionen belasten die Umwelt, ohne daß sie auf einen einzigen Verursacher zurückgeführt werden könnten. Im Wald als Schadstoffilter reichern sich die Umweltgifte an; Schwächung, Erkrankung und Absterben der Bäume sind die Folge.
Veränderungen im Klima könnten zudem vermehrt zu starken Unwettern und Stürmen führen; einseitige und auf schnellen Holzzuwachs ausgerichtete Bestände sind von Krankheit, Schädlingsbefall und Sturmschäden besonders betroffen.
Die Auswirkungen für den Wald könnten katastrophale Ausmaße annehmen.
Exponattexte
LO 14.11
Schindeln und Schindelklotz
Ein wichtiger Bereich der Holzverarbeitung war die Herstellung von Schindeln, mit denen teilweise Dächer gedeckt oder Hauswände verkleidet wurden.
Im Kreisgebiet des Neckar-Odenwald-Kreises sind von ursprünglich ca. 1050 nachweisbaren Wildpflanzen inzwischen etwa 11 % verschwunden. Die meisten der verschwundenen Pflanzenarten zählten zu den Ackerwildkräutern.
Ein ähnliches Bild ergibt sich in der Tierwelt: Von 86 Tagfalterarten um 1960 werden heute drei Arten nicht mehr beobachtet.
Die Ursachen sind hier wie dort die gleichen – veränderte Bewirtschaftungsmethoden, Flurbereinigungen, Ausweitung der Siedlungs- und Verkehrsflächen, Trockenlegung von Feuchtwiesen.
Dennoch finden sich auch heute noch bei Hardheim Tier- und Pflanzenarten, die in anderen Regionen schon verschwunden sind; vor allem einige Orchideenstandorte sind auch über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt.
15.1/1
Schmetterlinge – Juwelen unter den Insekten
Seit jeher haben wir Menschen sowohl die Metamorphose der Schmetterlinge als auch ihren Formen- und Farbenreichtum bewundert. Weltweit sind auf unserem Planeten 130.000 Schmetterlingsarten festgestellt worden; allein in Europa gibt es noch 3.200 Arten. Sie sind wissenschaftlich erforscht und mit einer international gültigen Nomenklatur versehen worden.
Zwischen 1981 und 1993 hat Franz Vogel aus Hardheim im Auftrag des Regierungspräsidiums Karlsruhe und in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Museum für Naturkunde sowie der Bezirksstelle für Naturschutz in Karlsruhe in den Biotopen rings um Hardheim 83 Tagfalterarten und mehr als 400 Nachtfalterarten nachgewiesen.
Noch sind die hier gezeigten Schmetterlingsarten in unseren Wäldern, Hanglagen und Talauen größtenteils häufig anzutreffen. Ihre Populationen können aber nur dann vor dem Aussterben bewahrt werden, wenn die für sie lebensnotwendigen Biotope wie Mischwälder, Wegrand-Vegetationen, Hecken- und Buschgruppen, Streuobst- und Feuchtwiesen, Geröllhalden und Magerrasenflächen, Bachfluren und Uferbewachsungen, Parkanlagen und Gärten auch in Zukunft intakt bleiben – eine Aufgabe nicht nur der zuständigen Ämter, sondern darüber hinaus auch eines jeden einzelnen.
Schmetterlinge sind Indikatoren für eine gesunde Umwelt. Je mehr Schmetterlingsarten erhalten bleiben, desto intakter ist die Natur – damit wird Naturschutz letztlich zum Menschenschutz.
Schon immer war die Bekämpfung von Schädlingen für die Bauern eine Notwendigkeit, und Berichte über Schädlingsbefall reichen von den biblischen Heuschreckenplagen bis hin zu den Kartoffelkäfern in den dreißiger Jahren.
Stand in früheren Zeiten die mechanische Schädlingsbekämpfung im Vordergrund, so werden heute meist chemische Methoden angewandt, die sich trotz aller Fortschritte in der Zusammensetzung der Mittel und in der Dosierung auch nachteilig auswirken.
Die negativen Folgen von Pflanzenschutz und Schädlingsbekämpfung versucht man durch die Einrichtung von Schutzräumen für bedrohte Tier- und Pflanzenarten zu reduzieren. In Hardheim zählt dazu insbesondere das Naturschutzgebiet Wacholderheide, Wurmberg und Brücklein mit einer Größe von 51 ha.
Früher wie heute war die Landwirtschaft vom Wetter abhängig: es entscheidet über Erfolg oder Mißerfolg.
Aber früher bedeutete auch bei uns ein Unwetter akute Not und Hunger – wie heute noch in den meisten Teilen der Welt. Von solchen Notfällen wird häufig berichtet – Überschwemmungen, Gewitter, Hagelschlag, Spätfrost, Stürme und andere Unbilligkeiten führten immer wieder zu großen Schäden.
Neben solchen immer wiederkehrenden Katastrophen wurde und wird die Landwirtschaft auch von Klimaveränderungen in größerem Maßstab betroffen – in der Vergangenheit und vermehrt in der Gegenwart, wo seit längerem eine globale Klimaveränderung vorausgesagt wird. Sie hat ihre Ursachen vor allem in der immensen Menge des Gases CO2, das bei Verbrennungen aller Art – in Kraftwerken, Autos, Heizungen – entsteht.
Die daraus folgende Erwärmung der Erdatmosphäre könnte Auswirkungen auch auf die Landwirtschaft in unseren Breiten nach sich ziehen.
L 15.3/1
Bericht über das Unwetter vom 3. Juli 1838
(GA Hardheim)
Großherzogliches Wohllöbliches Bezirks Amt!
Gehorsamster Bericht des Staabshalter zu Rüdenthal, den Gewitterschaden am 25ten v. M. dahier betr.
Durch das Gewitter am 25ten v. M. wurden die Weinberge, der Sommerbau in dasigem Weiler zur diesjährigen Aernte zernichtet. Auch haben die Schloßen mehrere Fenster zerschlagen, die Wiesen großen Theils überschwemmt, und auch einen Theil von der Winntersaat ist beschädigt, weshalb hiermit die gehorsamste Anzeige gemacht wird.
Rüdenthal am 3ten Juli 1838.
gehorsamster Stabshalter Ballweg
L 15.3/4Olivenhaine am Wurmberg?
Die Jüngeren unter uns könnten es noch erleben: mediterrane Pflanzen gedeihen im bisher eher rauhen Klima des Erfatals.
Aber das heißt nicht nur, daß in Hardheim nun das Wetter schöner ist als früher. Gleichzeitig werden gestern noch fruchtbare Gebiete zu Wüsten, die Nahrungsmittelreserven in armen Teilen der Welt für die zunehmende Bevölkerung noch knapper.
Grundlage dieser Vorstellung sind wissenschaftliche Prognosen, wonach bei gleichbleibenden Steigerungen der Emissionen die Temperatur der Erdatmosphäre bis ins nächste Jahrhundert um über 3 °C steigen wird.
Ursache der Erwärmung ist das „Treibhausgas“ CO2 (Kohlendioxid), das bei jeder Verbrennung entsteht – seit Erfindung der Dampfmaschine hat sein Anteil in der Luft um über 25 % zugenommen.
Der Zusammenhang zwischen Energieverbrauch und Klimaveränderung ist seit mehr als zwei Jahrzehnten bekannt. Dennoch fahren wir immer mehr Auto, heizen immer mehr und verbrauchen immer mehr Strom.
Sie haben im Haus und im Garten zu tun…
Die Rollen von Mann und Frau waren im ländlichen Raum traditionell festgelegt: Die meisten Arbeiten im Haus waren Frauensache.
Charakteristisch für den häuslichen Bereich war dabei lange die weitgehende Selbstversorgung: alles, was zur Versorgung notwendig war, entstammte der eigenen Produktion.
Was heute als typisch bäuerlicher Haushalt von früher gilt, ist der Normalhaushalt der damaligen Zeit. Aber inzwischen gibt es solche Haushalte kaum noch. Auch die Bauersfrau kauft heute fast alles im Supermarkt.
Das Waschen war im traditionellen Haushalt die zeitraubendste und mühsamste Arbeit.
Das Wasser mußte im Waschkessel auf dem Holzherd erhitzt werden, die Wäsche darin gekocht, dann gewrungen, geschlagen, gerieben, gebürstet und immer wieder ausgespült werden.
Schon früh gab es einfache Waschgeräte – Schlaghölzer, Waschbretter, Mangeln, Bürsten -, ebenso ist die Seife in Mitteleuropa schon seit dem frühen Mittelalter bekannt.
Allein das Trocknen hat sich vielfach kaum verändert: Wäscheleine und Wäscheklammern spielen trotz zunehmender Verbreitung von Wäschetrocknern bis heute eine große Rolle.
Exponattexte
LO 16.6
Waschbretter
Die nasse Wäsche wurde beim Waschen kräftig auf den Waschbrettern gerieben, um Flecken auf mechanische Art und Weise zu entfernen – für die Wäsche wie für die Hände der Waschenden keine schonende Methode.
Nach Erfindung der Waschmaschinen erlebten Waschbretter in den fünfziger Jahren als Musikinstrumente eine kurze Renaissance, bevor sie in den Museen verschwanden.
LO 16.7
Waschbank, Wäscheschaukel
Wäschemangel, Wäschepresse
Die harte Arbeit des Waschens wurde schon früh durch einfache mechanische Geräte erleichtert – so das Auswringen der Wäsche durch Wäschemangeln. Immer wieder hat man auch versucht, Waschmaschinen zu konstruieren, was letztlich jedoch erst im Jahrhundert der Technik gelungen ist.
Für die Erhaltung der Kleider wurde früher viel Zeit und Mühe aufgebracht – die Herstellung neuer Kleider war entweder mühsam oder sehr teuer.
Deshalb fanden mechanische Nähmaschinen in ländlichen Haushalten schon früh Verbreitung, um auch ältere Kleidungsstücke immer wieder ausbessern zu können.
Exponattexte
LV 16.2 89/776
Bügeleisen
Hier wird durch verschiedene Arten von Bügeleisen der technische Fortschritt im Bereich des Bügelns sichtbar: während das vordere Eisen noch als Ganzes auf den Ofen gestellt und erhitzt werden mußte, konnte bei den beiden folgenden Modellen jeweils eine abnehmbare Einheit – im einen Fall der Eisenkern, im anderen der Fuß des Eisens – heiß gemacht werden, während mit einer anderen weiter gebügelt werden konnte. Eine Mühe, die durch das elektrische Bügeleisen überflüssig wurde.
L 16.2/1Bänderhäubchen und Nebelspalter
Schon vor mehr als einem Jahrhundert galten Trachten als Zeugnis einer verschwundenen ländlichen Idylle; seit dieser Zeit wird versucht, für jede Landschaft eine originale Tracht zu rekonstruieren.
Solche Versuche hat es auch im Erfatal gegeben. Und da hier Belege für so beeindruckende Teile wie den Hut der Odenwälder Männertracht fehlten, schreckte man auch vor „Rekonstruktionen“ nicht zurück: dem Erfelder Engelwirt wurde so auf einem Foto aus der Zeit um 1850 nachträglich ein sogenannter „Nebelspalter“ verpaßt.
Trachten sind keine Zeugnisse der heilen bäuerlichen Welt, sondern hatten immer eine Funktion. Nicht jeder trug immer und überall Tracht – nur bei besonderen Anlässen signalisierte sie Familienstand und Lebensalter, vor allem aber den sozialen Status. Und: Aussehen und Zusammensetzung auch der ländlichen Tracht veränderten sich, spiegelten Moden und Stile wieder.
Bis heute aufbewahrte, kostbar bestickte Bänderhäubchen waren nicht Kleidungsstück für alle – nur wohlhabende Frauen haben sich damit nur zu ganz besonderen Gelegenheiten geschmückt.
Das Kochen im engeren Sinne machte nur einen geringfügigen Teil der Arbeit in der Küche aus – die Verarbeitung der Rohstoffe und das Konservieren der Lebensmittel machten weit mehr Mühe.
Wo heute – abgesehen von Fertigprodukten – fast nur aufbereitete Zutaten zur Verfügung stehen, mußte früher jeder Bestandteil oft langwierig kochfertig gemacht werden.
Und wo heute durch moderne Konservierungstechniken aus einer schier unendlichen Palette an Zutaten ausgewählt werden kann, wurde früher der Speisezettel von der Jahreszeit diktiert.
Ein Name wie „Erftal-Gold“ für Molkereiprodukte der engeren Umgebung weist auf die Bedeutung hin, die Milch und Milchprodukte im ländlichen Raum spielten.
So war entrahmte Milch Grundbestandteil vieler Gerichte wie Mehlspeisen und Suppen; aus dem Rahm wurde Butter gemacht, teilweise als Wintervorrat zu Butterschmalz ausgelassen. Sauermilch diente zur Käseherstellung – weißer Käse zählte als „Glumbe“ zu den Spezialitäten des Baulands.
Exponattexte
LE 17.2
Milchsammelstelle Erfeld; um 1950
Lange Zeit wurde in den Dörfern die Milch in Annahmestellen gesammelt, von wo aus sie in die Molkereizentralen gebracht wurde; häufig konnte man in den Sammelstellen auch Milch kaufen. Heute wird die Milch bei den milchproduzierenden Bauern direkt abgeholt; die meisten Sammelstellen sind aus dem Ortsbild wieder verschwunden.
Noch vor wenigen Jahrzehnten stand Fleisch weitaus seltener auf dem Speiseplan als heute – zum einen weil es zu wertvoll war, aber auch weil es nur schwer haltbar gemacht werden konnte.
Das Fleisch – so man es sich leisten konnte – stammte meist aus der jährlichen Hausschlachtung im Winter; ein Teil wurde selbst verwurstet, meist zu Blutwurst, Leberwurst, Schwartenmagen und Bratwurst. Erst Anfang unseres Jahrhunderts begann man, auch Fleisch in Weckgläsern einzukochen, und erst seit den dreißiger Jahren kennt man die Konservierung in Dosen.
Fleisch, Speck und Schinken wurden dagegen in Salzlake eingelegt und danach geräuchert.
Reiche Leute essen Speck …
Unser täglich Brot…
Brot war bis in unser Jahrhundert hinein eines der Hauptnahrungsmittel – 1913 aß jeder Deutsche jährlich 121 kg, heute gerade noch die Hälfte.
Auf dem Land wurde das Brot alle zwei bis drei Wochen selbst im eigenen Backofen gebacken, der wie der Herd in der Küche mit Holz beheizt werden mußte. In einem Haushalt mit 8 bis 10 Personen mußten dann 12 bis 18 große Laibe von etwa 6 Pfund Gewicht gebacken werden.
Am Backtag wurden neben den Broten auch „Bloads“ gebacken: auf einen Boden aus dünn ausgewelltem Brotteig kam ein Belag aus Zwiebeln, Grieben und Rahm oder aus gekochten, geriebenen Kartoffeln und Rahm. Auch kuchenartige Varianten mit Obst waren bekannt.
Petersilie Suppenkraut…
Vor der Erfindung des Kühlschranks und der Tiefkühltruhe kam dem Haltbarmachen von Lebensmitteln ganz entscheidende Bedeutung zu: vor allem für den Winter mußten in den Sommermonaten genügend Vorräte angelegt werden.
Zu den bekanntesten und bis heute beliebten konservierten Lebensmitteln gehört das Sauerkraut; es wurde zuerst in die Krautständer eingeschnitten, dann mit den Füßen eingetreten und mit Salz und Wacholderbeeren eingestampft. Durch den danach eintretenden Gärprozeß wurde das Kraut konserviert; auch Bohnen wurden in ähnlicher Weise behandelt.
L 17.5
Weitere Konservierungsmethoden waren das Trocknen (Erbsen, Linsen), das Dörren (Äpfel, Birnen, Zwetschgen), Einpökeln und Räuchern (Fleisch, Speck). Erst seit etwa 1910 wurden Obst und Fleisch in Weckgläser eingekocht, und die Einführung von Kühlschränken erfolgte auf dem Land noch einige Jahrzehnte später.
Wie heute war das Essen auch früher ein Spiegel der sozialen Stellung: durch das, was gegessen wurde ebenso wie durch das, woraus und womit man aß. Im ländlichen Raum stand bei vielen Bauern oft nur eine Schüssel auf dem Tisch, aus der mit dem Löffel gegessen wurde.
Der Speiseplan wurde durch die Jahreszeit bestimmt, wobei es weitaus seltener als heute Fleisch gab. Häufig kamen Suppen auf den Tisch – als Vorspeise oder als Hauptgericht, bis Anfang unseres Jahrhunderts sogar zum Frühstück; mindestens an einem Tag in der Woche gab es Mehlspeisen.
Exponattexte
LE 17.10
Handgeschriebenes Kochbuch; um 1914
Seit Mitte des letzten Jahrhunderts wurden auch im ländlichen Raum die jungen Mädchen in der Schule auf ihre Rolle in der Hauswirtschaft vorbereitet; in diesem Zusammenhang entstanden häufig handschriftliche Rezeptsammlungen, die teilweise auch nicht lokalspezifische Rezepte enthielten.
LE 17.11
Zeitungsausschnitte; 1914/18
Die Mangeljahre des Ersten Weltkriegs erforderten im Haushalt ein hohes Maß an Sparsamkeit – selbst Grundnahrungsmittel wie Mehl und Eier wurden durch andere Bestandteile ersetzt.
LE 17.12
Vorschrift für einen festlich gedeckten Tisch; 1912
Bei kaum einem Thema wird um die Jahrhundertwende der Unterschied zwischen Stadt und Land so augenfällig wie beim Essen – ein komplett für mehrere Gänge gedeckter Tisch war im ländlichen Raum wohl selten anzutreffen.
LO 18.1
Müllsack
Im Gegensatz zur selbstversorgenden Lebensweise, die keinen Abfall kannte – Speisereste wurden zu Viehfutter, kaputte Gegenstände wurden repariert oder ihre Einzelteile einer anderen Verwendung zugeführt -, produziert die arbeitsteilige Konsumgesellschaft eine Unzahl von Abfällen, die als Müll vernichtet oder deponiert werden.